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Der Traum ist aus . . . Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird. So Ton Steine Scherben und Rio Reiser in ihrem Song, welcher die Situation um das Halbfinalspiel der MFBC-Girls trefflich beschreibt. Man reiste letztes Wochenende als Pokalverteidiger aber auch als klarer Außenseiter nach Berlin. Der ETV Lady Piranhhas Hamburg läuft in dieser Saison unter den potentiellen Titelanwärterinnen in der Floorballszene. Und dem wurden die Nordlichter beim Final4 gerecht, denn am Ende konnten sie den Pokal in Höhe stemmen. Bis auf zwei Langzeitverletzten hatte Trainer Erik Schuschwary den gesamten Kader zur Verfügung.
Und dann begann das Spiel mit einem Paukenschlag. Der Käpt’n Charlotte Rüssel spielt einen Fehlpass und Randy Kleerbaum netzte zum 0:1 für Hamburg (2.). Aber der MFBC fing sich schnell und konnte bereits in der 5. Minute durch Alexandra Kürth ausgleichen. Beide Teams begegneten sich auf Augenhöhe. Die Wikingerinnen hatten jede Menge Ballbesitz, der aber aus vielen Stafetten aus sich kreuzenden Spielerinnen bestand. Dabei gelang es keine Tiefe in die gegnerische Hälfte zu erreichen. Zu wenig gelang es, den Ball über die Bande nach vorne zu bringen. Auch offene Achsen in der Hamburger Verteidigungen wurde nicht gesehen, die einen hohen Pass auf Kim Käseberg, Anne-Marie Mietz oder Alexandra Kürth in der gegnerischen Box zugelassen hätten. Vielmehr rückten die Hamburgerinnen immer mehr auf und gelangten dadurch ins Pressing. Doch der MFBC spielte engagiert und konnte im Verlauf des ersten Drittels das Spiel immer mehr diktieren. Als in der 18. Minute Kim Käseberg steil angespielt wurde, gelang ihr noch kurz vor dem Pausenpfiff die 2:1 Führung. Das Mitteldrittel ging dagegen an Hamburg. Gerade in der Defensive mussten einige Zweikämpfe abgegeben werden. Schnell rückten die Hamburgerinnen nach und konnten die ballhaltende Spielerin doppeln. Die daraus resultierenden Ballverluste wurden oftmals durch die andere Kapitänin Ina Jensen zu gefährlichen Pässen in den Rücken der Abwehr genutzt. Das sollte unbedingt vermieden werden und war auch Inhalt von Trainingseinheiten in der Vorbereitung auf das Final4. Trotz Ballbesitz lief man sich fest oder drehte ab in Richtung der dann unvermeidlichen Zweikämpfe. Dabei wurde die ballführende Spielerin von ihrer Reihe auch oftmals allein gelassen, da Anspielmöglichkeiten fehlten.
Aus solch einem Ballverlust heraus gelangte der Ball zu Jensen (die Lara Nethe zum Ausgleich bediente (24.). Hamburg versuchte immer weiter durch ein hohes Pressing die Wikingerinnen zu Abspielfehlern zu verleiten. In der 29. Minute setzte dann Hamburg einen erneuten Konter. Nach einem Alleingang von Kleerbaum konnte die gut haltende Julia Bran ein weiteres Tor zunächst verhindern. Doch der Ball wurde erneut durch Nethe im Nachsetzen verwehrtet. Es ist sicherlich auch der Unerfahrenheit des jungen Teams aus Sachsen geschuldet, dass taktische Mittel nicht gezogen wurden. Hier wäre ein taktisches Foul durchaus eine Option gewesen. Aber Hamburg hatte das Spiel gedreht und damit auch die Hoheit über das Spiel. Selbst eine Zweiminutenstrafe gegen Nethe wegen Haltens konnte in der Überzahl nicht genutzt werden (36.). Im Schlussdrittel erhöhten die MFBC-Girls die Gangart. Man kämpfte sich in das Spiel zurück. Hier wurde nach dem Motto gekämpft und gespielt: Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird. Der MFBC war bemüht den Ausgleich zu erzielen, die Bank feuerte die Spielerinnen auf der Platte an. Der Teamspirit war deutlich zu erkennen. Auch wenn immer wieder Konter der favorisierten Hamburgerinnen abzuwehren waren, gelang es dem Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken. Es reichte aber nur noch zum Ausgleich in der 48. Minute. Mietz wurde mit einem hohen Pass am linken Pfosten bedient und dieser aus der Luft im Tor untergebracht. Die Führung hielt dies Führung nur 19 Sekunden. Die Hamburgerinnen konnten einen Freischlag hinter das Tor bringen und einen Rückpass wieder in den Rücken der Abwehr, der durch Annika Drews verwandelt wurde. Aber der MFBC hielt dagegen. Weitere erspielte Chancen wurden leichtfertigt vergeben und es kam auch eine Portion Pech hinzu. Zwei Mal prallte der Ball an den Pfosten und zwei Mal wurde die Hamburger Torfrau angeschossen, dabei selbst eine 3:0-Überzahl nicht ausgespielt. Die Chancen wurden vertan, um das Spiel zu drehen. Dann entscheidet das andere Team das Spiel endgültig für sich. Ein Pass auf die andere Spielfeldseite durch Kleerbaum auf Jensen, die mit einem kurzen Anlauf den Ball in den Torwinkel zirkelte (57.). Hamburg zwei Tore vor und die MFBC-Trainer nahmen eine Umstellung vor, indem sie Bran gegen eine 6. Feldspielerin vom Platz holten. Im Double-Jahr 2018 gelang es dem MFBC innerhalb von 20 Sekunden in der letzten Minute zwei Treffer aufzuholen. Andere Zeit, andere Mannschaft, anderes Ergebnis. Aber immer ist ein stückweit Ruhe und Disziplin erste Bürgerpflicht, um den Ball sicher nach vorn zu bringen. 26 Sekunden nach dem fünften Hamburger Treffer kommt es erneut zu einem Fehlpass, der in ein Tor mündet. Das 6 gegen 5 geht weiter, um nach weiteren 29 Sekunden einen weiteren Fehlpass zu spielen. Erneut Empty net und 3:7. Beide Male hatte Tiffany Küttner den Ball und die Verantwortung. Was für ein gebrauchter Tag, aber ein kehrreicher. Und keinen Vorwurf an Küttner, da sie in einer solchen Situation die Verantwortung übernommen hat. Hamburg gewinnt zu hoch, aber am Ende doch verdient. Es war schon zum Anpfiff des Semifinales klar, dass die Mannschaft gewinnt, die weniger Fehler macht. Drei solche kapitale Abspielfehler sind eine hohe Hypothek. Das MFBC-Team muss sich auch fragen lassen, inwieweit das Ballbesitzspielen durch das Kreuzen in der eigenen Hälfte zielführend ist. Hier fehlte es an Tiefe. Auch das zu späte Einwechseln von den Routinier Lisa Glaß wäre zu diskutieren, da Glaß dies in der Lage ist, auch hohe Pässe in die gegnerische Box zu spielen.
Am Ende hat sich die Mannschaft trotz allem stark und engagiert gezeigt. Vielleicht nimmt das junge Wikingerteam diese Leistung in die letzten fünf Meisterschaftsspiele mit. Denn soll noch die Qualifikation zu den Playoffs gelingen, sind Punkte auch gegen die Topteams aus Dümpten und Hamburg gefragt. Diese Saison wurde als Übergangssaison ausgerufen, auch um die vielen jungen Spielerinnen an das Niveau der Bundesliga heranzuführen. Das lässt einen doch hoffnungsvoll nach vorn blicken. Ansonsten kann man heute schon sagen, dass eine neue Zeitrechnung begonnen hat. Nicht die Erzrivalen vom UHC Sparkasse Weißenfels noch der MFBC bestimmen gegenwärtig das Geschehen. Deshalb holte zum ersten Mal seit 2008 eine andere Mannschaft als die beiden Dauerrivalen eine Titel. Gut für Floorball Deutschland und Gratulation an die Finalisten aus Bonn und Hamburg.
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